Ar­ti­kel auf uni­ver­si­med

2. Or­tho Trauma Bad Hof­gas­tein 2024

Nach dem Er­folg des ers­ten Or­tho-Trauma Kon­gres­ses 2023 in Bad Hof­gas­tein folgte heuer die zweite Auf­lage vom 10. bis 12. April 2024. Un­ter der wis­sen­schaft­li­chen Lei­tung von Prim. Univ.-Doz. Dr. Tho­mas Müll­ner, PhD und Priv.-Doz. DDr. Ma­xi­mi­lian Kas­pa­rek, MSc vom Evan­ge­li­schen Kran­ken­haus Wien setzte man sich das Ziel, ein aktuelles und in­ter­es­san­tes Up­date über die mo­derns­ten und neu­es­ten Be­hand­lungs­tech­ni­ken zu ge­ben. Der Fo­kus lag in die­sem Jahr im Be­reich der un­te­ren Ex­tre­mi­tät, mit ei­nem breit ge­fä­cher­ten wis­sen­schaft­li­chen Pro­gramm zur Hüft‑, Knie- und Sprunggelenkschirurgie.

Der Kon­gress star­tete am Mitt­woch, den 10. April, mit dem erst­ma­lig statt­fin­den­den „Roo­kie­day“, wel­cher in Ko­ope­ra­tion mit dem Jun­gen Fo­rum der ÖGOuT ver­an­stal­tet wurde. Ziel die­ses neuen Aus­bil­dungs­for­ma­tes ist es, Stu­den­tIn­nen und As­sis­tenz­ärz­tIn­nen eine Platt­form zu bie­ten, ihr Wis­sen zu er­wei­tern und sich mit er­fah­re­nen Fach­leu­ten aus­zu­tau­schen. Das heu­rige Thema war die Be­hand­lung der pro­xi­ma­len Ti­biafrak­tur und die Knie­en­do­pro­the­tik bei post­trau­ma­ti­scher Gonar­throse. Im An­schluss an die wis­sen­schaft­li­chen Vor­träge des Ta­ges konnte die junge Ge­ne­ra­tion auch selbst Hand an­le­gen. In ei­nem Saw­bone-Work­shop durf­ten die Teil­neh­mer Frak­tu­ren im Be­reich des Fe­murs und der Ti­bia ver­sor­gen und im en­do­pro­the­ti­schen Work­shop eine ro­bo­ter­as­sis­tierte Kniet­o­tal­en­do­pro­these im­plan­tie­ren. Der Roo­kie­day fand gro­ßen An­klang und wird auch nächs­tes Jahr wie­der ein Fix­ter­min für die nächste Ge­ne­ra­tion der Orthopädie und Trau­ma­to­lo­gie sein.

Die Ein­lei­tung des wis­sen­schaft­li­chen Pro­gramms am Don­ners­tag, den 11. April 2024, er­folgte mit der Be­hand­lung von Me­nis­kus­ver­let­zun­gen und Knor­pel­schä­den. Eine hoch­qua­li­ta­tive Ses­sion be­gann mit der Fra­ge­stel­lung, was der funk­tio­nelle Me­nis­kus­ver­lust für das Knie­ge­lenk be­deu­tet. Wei­tere The­men wa­ren die Be­hand­lung von Me­nis­kus­wur­zel- und Ram­pen­lä­sio­nen so­wie die pro­phy­lak­ti­sche Me­nis­kus-Al­lo­graft-Trans­plan­ta­tion. An­schlie­ßend wurde die Be­hand­lung trau­ma­ti­scher Knor­pel­schä­den beim Kreuz­band­riss und die ak­tu­elle Evi­denz zur Frage, ob bei lo­ka­len Knor­pel­de­fek­ten eine Mi­kro­frak­tu­rie­rung oder Knor­pel­trans­plan­ta­tion durch­ge­führt wer­den sollte, in­ten­siv dis­ku­tiert. Mit der ort­ho­bio­lo­gi­schen The­ra­pie heute und ih­ren Zu­kunfts­aus­sich­ten en­dete der erste wis­sen­schaft­li­che Themenblock.

Im zwei­ten The­men­block ging es um die Be­hand­lung von pa­tell­ofe­mo­ra­len Pa­tho­lo­gien. Es wur­den die Ur­sa­chen und der dia­gnos­ti­sche Al­go­rith­mus der Pa­tell­a­lu­xa­tion so­wie die ope­ra­tive Ver­sor­gung die­ser Pa­tho­lo­gie be­han­delt. Tipps und Tricks für die MPFL-Plas­tik, die In­di­ka­tio­nen und ope­ra­tive Tech­nik der Troch­lea­plas­tik und Os­teo­to­mien bei der Pa­tell­a­lu­xa­tion wur­den in­ten­siv dis­ku­tiert. Wei­tere The­men wa­ren die The­ra­pie­mög­lich­kei­ten bei der Fe­moropa­tel­lar­ge­lenks­ar­throse und die Be­hand­lungs­op­tio­nen der Pa­tella in der Knieendoprothetik.

Zum Ab­schluss der Vor­mit­tags­blö­cke gab Bern­hard Gru­ber, ehe­ma­li­ger ös­ter­rei­chi­scher Nor­di­scher Kom­bi­nie­rer, eine Key­note Lec­ture zu sei­nem be­ein­dru­cken­den Wer­de­gang. Mit sei­nem Hei­mat­ort Bad Hof­gas­tein im Gas­tei­ner­tal als Aus­gangs­punkt hat Gru­ber eine ein­drucks­volle Kar­riere hin­ge­legt. Er er­langte in­ter­na­tio­nale An­er­ken­nung durch seine her­aus­ra­gen­den Leis­tun­gen, dar­un­ter der Ge­winn der Gold­me­daille bei den Olym­pi­schen Spie­len 2010 in Van­cou­ver als Teil der Mann­schaft so­wie die Bron­ze­me­daille im Ein­zel­wett­be­werb von der Groß­schanze. Bei den Welt­meis­ter­schaf­ten 2011 im nor­we­gi­schen Oslo konnte er mit bei­den ös­ter­rei­chi­schen Staf­feln (Nor­mal- und Groß­schanze) je­weils den Welt­meis­ter­ti­tel er­rin­gen. Zu­sätz­lich krönte er seine Kar­riere mit dem Ti­tel des Ein­zel-Welt­meis­ters von der Groß­schanze im Jahr 2015.

Nach der Key­note Lec­ture und Mit­tags­pause, in der heuer auch ein Lunch­sym­po­sium an­ge­bo­ten wurde, mit der Mög­lich­keit, ei­nen Operations­roboter zu tes­ten, be­gann die Nachmittagssession.

Am Nach­mit­tag des ers­ten Ta­ges wur­den Hüft­ge­lenks­er­kran­kun­gen und die pri­märe Hüf­ten­do­pro­the­tik be­han­delt. Be­gin­nend mit dem Thema des un­kla­ren Hüft­schmer­zes und fe­moro-ace­tabu­lä­ren Im­pinge­ments, La­brum- und Knor­pel­schä­den so­wie der Frage, was ope­riert wer­den muss, ent­wi­ckel­ten sich span­nende Dis­kus­sio­nen. Da­nach folgte the­ma­tisch die Be­hand­lung der hüft­ge­lenks­na­hen Frak­tu­ren im Win­ter­sport. Wei­tere The­men wa­ren die pe­ri­a­ze­ta­bu­läre Um­stel­lungs­os­teo­to­mie (PAO) und de­ren ak­tu­el­ler Stel­len­wert, die Dys­pla­sie­cox­ar­throse so­wie kom­plexe De­for­mi­tä­ten des Ace­tabu­l­ums und des Fe­murs und The­ra­pie­vor­schläge bei der Be­hand­lung der­sel­ben. Mit dem Thema De­bon­ding in der Hüft- und Knie­en­do­pro­the­tik en­dete die­ser span­nende Themenblock.

Den Ab­schluss des ers­ten Ta­ges bil­dete der The­men­block über ak­tu­elle Kon­zepte in der Knie­en­do­pro­the­tik. Da­bei wurde so­wohl die In­di­ka­tion zum me­dia­len Halb­schlit­ten als auch die Er­folgs­fak­to­ren für die­sen be­spro­chen. Im wei­te­ren Ver­lauf wur­den die ers­ten kli­ni­schen Er­geb­nisse der Ur­sprungs­knie­tech­nik, die am Evan­ge­li­schen Kran­ken­haus ent­wi­ckelt wurde, prä­sen­tiert. Die The­ma­tik ging über zu Weich­teil­re­leases und wel­chem Stel­len­wert die­sen heut­zu­tage bei­zu­mes­sen ist. Mit ei­nem wis­sen­schaft­li­chen Battle pro und con­tra Ro­bo­tik in der Knie­en­do­pro­the­tik en­dete der erste Tag und da­mit ei­nes der High­lights der wis­sen­schaft­li­chen Ses­sion. Zum Aus­klang des in­ten­si­ven Kon­gress­ta­ges fand eine Abend­ver­an­stal­tung im Weit­mo­ser­schlössl statt, ei­ner wun­der­schö­nen, his­to­ri­schen Lo­ca­tion im Gasteinertal.

Der dritte Kon­gress­tag am Frei­tag, den 12. April 2024, star­tete mit der The­ma­tik der Os­teo­po­rose. Es folg­ten Dis­kus­sio­nen über das spi­no­pel­vine Ali­gnment in der Hüf­ten­do­pro­the­tik so­wie das Ili­ops­oas-Im­pinge­ment nach Hüft-TEP. Im Be­reich der kom­ple­xen Fälle wur­den die An­wen­dung des pro­xi­ma­len Fe­mu­rer­sat­zes in der Re­vi­si­ons­en­do­pro­the­tik und die Op­tio­nen bei ei­ner in­sta­bi­len Hüft­prothese dis­ku­tiert. Auch Ner­ven­pa­tho­lo­gien nach Hüft- und Knie­ge­lenks­ersatz so­wie die kom­plexe Dif­fe­ren­zie­rung von Fett­ge­we­be­tu­mo­ren wur­den the­ma­tisch behandelt.

Die fol­gende Ses­sion han­delte von trau­ma­ti­schen Knie­ver­let­zun­gen. Da­bei wur­den Fra­ge­stel­lun­gen wie „Was tun, wenn mein Trans­plan­tat bei der VKB-Plas­tik zu dünn ist?“ so­wie in­tra­ope­ra­tive Lö­sungs­an­sätze vor­ge­stellt. Wei­ter ging es mit der Be­hand­lung von me­dia­len und la­te­ra­len In­sta­bi­li­tä­ten des Knie­ge­lenks. Auch die Lö­sun­gen für häu­fige Kom­pli­ka­tio­nen bei vor­de­ren Kreuz­band­plas­ti­ken und Re-Rup­tu­ren wur­den the­ma­ti­siert. Den Ab­schluss die­ser Ses­sion bil­de­ten Neu­ig­kei­ten aus dem Be­reich der Allografts.

In der Key­note Lec­ture des zwei­ten Ta­ges gab Mi­chael Strauss, ein ös­ter­rei­chi­scher Freeri­der, den Teil­neh­mern ei­nen Ein­blick in sei­nen All­tag als Ski­freeri­der. Sein Ta­lent und seine Lei­den­schaft führ­ten ihn zu zahl­rei­chen Po­dest­plät­zen bei ver­schie­de­nen Con­tests. Sein bis­her größ­ter Er­folg war der Sieg beim X‑O­ver-Ride 2019 am Kitz­stein­horn in Zell am See-Ka­prun. Mit sei­ner au­ßer­ge­wöhn­li­chen Li­ni­en­wahl und sei­ner krea­ti­ven „Strauss-Line“, die ei­nen Back­flip, ei­nen 360 und ei­nen ge­wal­ti­gen Dou­ble Drop über die Fels­wände be­inhal­tete, be­ein­druckte er die Jury und setzte sich da­mals ge­gen ein star­kes Feld von Mit­be­wer­bern durch.

Nach der Mit­tags­pause und ei­nem Lunch­sym­po­sium zum Up­date der Knie­chir­ur­gie ging es mit der Ses­sion zu ak­tu­el­len Be­hand­lungs­mög­lich­kei­ten bei Achil­les­seh­nen­pa­tho­lo­gien, Sprung­ge­lenks­ver­let­zun­gen und der Sprung­ge­lenks­ar­throse weiter.

Par­al­lel dazu gab es ei­nen Block zur prä- und post­ope­ra­ti­ven Re­ha­bi­li­ta­tion und kon­ser­va­ti­ven The­ra­pien, in dem ak­tu­elle Mög­lich­kei­ten und zu­künf­tige Trends in der phy­si­ka­li­schen Me­di­zin, „Back to Sports“ nach vor­de­ren Kreuz­band­ver­let­zun­gen, post­ope­ra­tive Mo­bi­li­sie­rung nach Hüft- und Knie-TEP und ein Up­date zur Stoßwellen­therapie be­han­delt wurden.

Im ab­schlie­ßen­den Block wur­den ak­tu­elle Trends in der Knie­en­do­pro­the­tik the­ma­ti­siert und ak­tu­elle Gui­de­lines und Zu­kunfts­per­spek­ti­ven der Throm­bo­se­pro­phy­laxe be­spro­chen. Wei­tere The­men wa­ren der Stel­len­wert der Um­stel­lungs­os­teo­to­mie heut­zu­tage, Ali­gnment­stra­te­gien bei der Val­gus­gonar­throse und die ers­ten Er­geb­nisse ei­ner pa­ti­en­ten-individuellen Knie­pro­these. Zum Ab­schluss wurde noch eine Über­sicht der der­zei­ti­gen Li­te­ra­tur zum Ver­gleich zwi­schen me­dia­len und la­te­ra­len Halb­schlit­ten und Kniet­o­tal­en­do­pro­these ge­zeigt so­wie ver­sucht, die Frage zu be­ant­wor­ten, ob heut­zu­tage noch wirk­lich 20 % der K‑TEP-Pa­ti­en­ten un­zu­frie­den sind. Zum Aus­klang des in­ten­si­ven Kon­gres­ses gab es ein ge­mein­sa­mes Abend­essen im wun­der­schö­nen Bad Hofgastein.
Zu­sam­men­ge­fasst wa­ren es drei wis­sen­schaft­lich höchst in­ter­es­sante und lehr­rei­che Tage mit vie­len span­nen­den, hoch­qua­li­ta­ti­ven Dis­kus­sio­nen. Auf­grund des tol­len Feed­backs ist für nächs­tes Jahr der dritte Or­tho-Trauma Kon­gress vom 2. bis 4. April 2025 in Bad Hof­gas­tein vorgesehen.